Quantcast
Channel: Alternative Dresden News
Viewing all 970 articles
Browse latest View live

Rest in Peace Ricardo

$
0
0

Wir dokumentieren einen Soli-Aufruf des Dresdner Ermittlungsausschusses:

Unser Freund, Gefährte, Sohn und Bruder Ricardo ist tot. Er wurde nur 31 Jahre alt. So viele Jahre war er ein Teil von uns, so viele Geschichten erlebten wir gemeinsam und jetzt ist er für immer weg. Jeder und Jede von uns, die ihn kannten, weiß, wie streitbar er war und gerade das war es, was ihn ausgemacht hat und was uns gemeinsam geprägt hat.

Es ist schwer von Ricardo in der Vergangenheit zu schreiben, zu sehr fehlt er uns, zu sehr schmerzt der Gedanke, dass es keine zukünftigen Begegnungen mehr geben wird.

Ricardo war konsequenter Antifaschist, Anarchist und ständiger Repression ausgesetzt. Er hat über lange Zeit aktiv in der Roten Hilfe Dresden gearbeitet und wird vielen z.B. durch die Vorträge zum §129-Verfahren oder dem Aufbau des Hausprojekts „Praxis“ in Dresden in Erinnerung sein.

Die letzten Jahre musste er außerhalb dieses Landes verbringen. Die Familie und wir wollen ihn wieder nach Hause holen und ihn hier beerdigen. Dazu brauchen wir eure Solidarität.

Spendenkonto:
Empfänger: EA Dresden
ea-dresden@so36.net
IBAN: DE72360100430609760434
BIC: PBNKDEFF
Kennwort/Verwendungszweck: Ricardo


Neurechte verlieren gegen Mission Lifeline vor Gericht

$
0
0

Nach Lutz Bachmann musste nun auch die Identitäre Bewegung (IB) vor Gericht eine schwere Schlappe hinnehmen. Das Dresdner Landgericht hatte am Mittwoch einem Antrag auf Einstweilige Verfügung des Vereins „Mission Lifeline“ stattgegeben. Dem Beschluss waren mehrere Verlautbarungen in sozialen Netzwerken vorausgegangen, in denen der Verein „Mission Lifeline“ als „Schlepper-NGO“ bezeichnet worden war, welche sich „unerlaubt in Libyschen Gewässern aufhalte“ und „in regem Kontakt“ mit Schleusern stehen würde. Sollten die Postings nicht gelöscht werden, drohen empfindliche Geldstrafen. Bereits zu Jahresbeginn hatte PEGIDA-Gründer Bachmann ebenfalls am Landgericht in einem ganz ähnlichen Fall eine Unterlassungserklärung unterzeichnen müssen.

Der Sprecher von „Mission Lifeline“, Axel Steier, bezeichnete den Gerichtsbeschluss als „klares Signal an Neonazis, dass ihre Hetze im Netz vom Rechtsstaat nicht geduldet wird“. Vor allem aus der rechten Ecke habe es in den zurückliegenden Monaten immer wieder Versuche gegeben, mit Behauptungen die Spendenbereitschaft in der Bevölkerung zu minimieren. Der Verein hofft nun darauf, dass das Spendenaufkommen wieder zunimmt, da die Menschen im Mittelmeer nach wie vor dringend auf Hilfe angewiesen sind. Zuletzt hatte es u.a. auch vom deutschen Innenminister Thomas de Maizière (CDU) Kritik an der Seenotrettung durch Hilfsorganisationen gegeben. Die Vorwürfe waren später jedoch von Florian Westphal, dem Geschäftsführer von Ärzte ohne Grenzen Deutschland, als „bittere Scheindebatte“ entschieden zurückgewiesen worden.

Erst vor wenigen Wochen hatte eine Handvoll Anhängerinnen und Anhängern der IB mit einem Transparent, einem Schlauchboot und dem Einsatz von Pyrotechnik vor dem Vereinssitz von „Mission Lifeline“ in der Leipziger Vorstadt gegen die Praxis der in internationalen Gesetzen geregelten Seenotrettung protestiert. An der unangemeldeten und wenig später abgebrochenen Versammlung vor dem Vereinsbüro hatte sich neben Dresdner IBlern wie Martin Bader, auch der bekannte Nazischläger Sebastian Reiche als Schutz beteiligt. „Durch die Einstweilige Verfügung“, so Axel Steier abschließend gegenüber ADDN, „konnten wir nicht nur die Nazipropaganda stoppen, sondern hoffentlich auch weiter Menschenleben retten“. Allein in diesem Jahr starben nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) bislang mehr als 3.000 Menschen auf ihrem gefährlichen Weg nach Europa.

Spendenkonto:
Empfänger: MISSION LIFELINE e.V.
IBAN: DE85850900002852261008
BIC: GENODEF1DRS
Volksbank Dresden e.G.

Freispruch für einen, der sich beschweren wollte

$
0
0

Im Herbst 2016 reichte der Fotograf Marco Santos Beschwerde gegen eine Polizistin bei der zentralen Beschwerdestelle der sächsischen Polizei ein – und erhielt eine Gegenanzeige. Jetzt wurde er freigesprochen.

Quelle: Kreuzer Leipzig (07.12.2017)

Film: The Antifascists (2017)

$
0
0

Seit letztem Donnerstag gibt es den hervorragenden Dokumentarfilm „The Antifascists“ in voller Länge bei Youtube zu sehen. Im Film von Patrik Öberg und Emil Ramos schildern Antifaschistinnen und Antifaschisten aus Schweden und Griechenland die Situation in ihren Ländern vor dem Hintergrund eines erstarkenden Faschismus. Der Film gibt dabei einen Einblick in die verschiedenen antifaschistischen Kämpfe und setzt sich zugleich mit radikal linker Politik und Fragen der Notwendigkeit und Reflektion von Militanz auseinander. Während sich in Griechenland die antifaschistische Bewegung mit dem Erstarken der Goldenen Morgenröte und dessen Überschneidungen zum Polizeiapparat konfrontiert sieht, sollen die Fälle von Showan und Joel einen Einblick in die Arbeit von Antifaschistinnen und Antifaschisten in Schweden geben.

Sachsens neuer Ministerpräsident spricht sich gegen Familienzusammenführungen aus

$
0
0

Nur wenige Tage nach seinem offiziellen Amtsantritt hat sich Sachsens neuer Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) vor dem Hintergrund der Sondierungsgespräche mit der SPD im Bericht aus Berlin für eine weitere Aussetzung von Familienzusammenführungen ausgesprochen, um damit die Asyl- und Flüchtlingspolitik zu „befrieden“. Ungeachtet der rechtlichen Situation forderte er zugleich, dass „diese vielen Hunderttausend Flüchtlinge, die keinen Status haben, die zurück in ihre Heimatländer müssen, weil sie ausreisepflichtig sind, dass sie unser Land auch wieder verlassen“. Mit Unverständnis reagierte der Sächsische Flüchtlingsrat auf die Äußerungen Kretschmers.

Anstatt die menschenverachtende Rhetorik der Nazis anzunehmen, sollte er aus integrationspolitischen Aspekten die gerade von der Union immer wieder betonte Einheit der Familie anerkennen und Haltung gegen den auch in Sachsen alltäglich gewordenen rechten Terror beziehen: „Er verkennt, dass Nazis nicht aufhören werden zu hassen, nur weil geflohene Menschen ihre Familien nicht bei sich haben.“ Neben dem seit 17.03.2016 ausgesetzten Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte kritisierte der Flüchtlingsrat auch die Dauer der Verfahren für Menschen mit Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Nicht nur überlastete oder geschlossene Botschaften, sondern auch das Sächsische Landeskriminalamt würde trotz bereits erfolgter Überprüfung die Wartezeit unnötig verlängern.

Kretschmer, der erst in der vergangenen Woche die Nachfolge von Stanislaw Tillich angetreten hatte und bis zu seiner Niederlage bei der letzten Bundestagswahl vier Jahre lang Vorsitzender der sächsischen Landesgruppe in Berlin war, gilt als Vertreter der Leitkulturdebatte. Erst im vergangenen Jahr hatten Sachsens neuer Ministerpräsident und der Präsident des Sächsischen Landtag, Matthias Rößler, gemeinsam mit CSU-Politikern als Reaktion auf die zunehmenden Wahlerfolge der Alternative für Deutschland (AfD) einen Aufruf zu einer Leit-und Rahmenkultur vorgestellt, um mit Begrifflichkeiten wie „Heimat und Patriotismus“ Menschen wieder eine Orientierung bieten zu können. Genützt hat es bekanntlich wenig.

Rechtes Vernetzungstreffen in Prag blockiert

$
0
0

Am vergangenen Wochenende trafen sich in der tschechischen Hauptstadt Prag die Spitzenpolitiker der ENF (Europa der Nationen und der Freiheit). Neben Geert Wilders, der auch schon bei PEGIDA in Dresden einen Auftritt hatte, war auch Marine Le Pen, die Vorsitzende des Front National, als prominenter Gast eingeladen worden. Der Kongress wurde vom Protest verschiedener antifaschistischen Gruppen begleitet und konnte auf Grund von Blockaden erst mit einer Stunde Verspätung beginnen (Bilder). Die 2015 gegründete ENF ist eine Fraktion von Rechtspopulisten im Europaparlament zu dem neben schon genannten Front National und der niederländischen Partij voor de Vrijheid (PVV) auch die italienische Lega Nord (LN), sowie die österreichische Regierungspartei FPÖ und der belgische Vlaams Belang (VB) gehören. Anders als noch zu Jahresbeginn, als beim letzten Kongress in Koblenz Alternative für Deutschland (AfD) die Schirmherrschaft übernommen hatte, nahm in Prag lediglich der mittlerweile aus der AfD ausgetretene Marcus Pretzell als Vertreter der neu gegründeten Blauen Partei am Kongress teil.

In Prag war der Rechtspopulist Tomio Okamura von der tschechischen SPD (Freiheit und direkte Demokratie) Gastgeber. Die erst 2015 gegründete Partei erhielt bei den Abgeordnetenwahlen im Herbst diesen Jahres 10,64% der Stimmen und wurde damit zur viertstärksten Kraft im Nachbarland. Die Erfolge bei den Wahlen können auch mit als Grund für die Ausrichtung des Kongresses durch die SPD gesehen werden, da der ENF damit seinen Einfluss in der sogenannten Visegrád-Gruppe stärken will, zu der auch die Tschechische Repulik gehört. Wie in Koblenz, wurde auch der Kongress in Prag von vielfältigen Protesten begleitet. So hatte die lokale antifaschistische „Iniciativa Ne Rasismu!“ im Vorfeld zu einer Vorabend-Demonstration und Blockaden am Samstag aufgerufen.

In ihrem Aufruf analysierten sie die Umstände, die zum Aufstieg des Rechtspopulismus überall in Europa führten als „Reaktion auf die Krise der modernen Gesellschaft“. „Diese Krise“, so die Gruppe weiter, „die aus den neoliberalen Entwicklungen entstanden ist, ist real – die Rechten haben sie nicht geschaffen“. Das erklärte Ziel von „Ne Rasismu!“ ist es, eine Welt zu schaffen, „die frei von der Herrschaft des Menschen über den Menschen ist. Unser Ziel ist eine von unten organisierte Gesellschaft auf der Basis der Selbstbestimmung. Wir wollen eine Sozialpolitik, die nicht darauf abzielt, nur bestimmten Kategorien von Menschen zu helfen, die durch exklusive Kriterien definiert werden – sei es Religion, Geschlecht, Klasse oder Hautfarbe.“

Am Freitag trafen sich letztlich knapp 450 Menschen unter dem Slogan: „Wer schweigt, stimmt zu“ in unmittelbarer Nähe zur Moldau. Nach einer Reihe von Redebeiträgen setzte sich die Demonstration in Bewegung und zog durch die von Menschenmassen überfüllten schmalen Prager Gassen. Mit ausgelassener Stimmung und Musik wurde nach knapp 1 ½ Stunden schließlich der Platz der Abschlusskundgebung in der Innenstadt erreicht, wo verschiedene Gruppen die Situation nach den tschechischen Parlamentswahlen beleuchteten. Abgesehen von der für Tschechien typischen großen Zahl ziviler Beamtinnen und Beamten und einer Kontrolle vom Fahrer des Lautsprecherwagens hielt sich die Polizei an diesem Tag zurück.

Tags darauf fingen die Blockadeaktionen erst am Nachmittag statt. Während von Seiten der ENF in der Prager Innenstadt eine Pressekonferenz abgehalten wurde, sammelten sich ca. 300 Aktivistinnen und Aktivisten unweit des Top International Hotel in einem Außenbezirk von Prag. Zum ersten Mal überhaupt hatte in Prag eine antifaschistische Gruppe offen zu Blockaden gegen eine rechte Veranstaltung aufgerufen. Ziel war es, die drei Zufahrtswege zu blockieren, um damit die Anreise zu behindern. Als klar wurde, dass die Pressekonferenz im Stadtzentrum beendet worden war, setzte sich vom Treffpunkt aus eine gemeinsame Demonstration in Bewegung. Nach eine paar Metern spaltete sich die Demo in drei Finger auf, die jeweils eine Straße unter „No Pasaran“-Rufen besetzten. Nachdem die Finger zum Stehen gekommen und die Straßen nicht mehr befahrbar waren, positionierten sich behelmte Einsatzkräfte in Sichtweite zu den einzelnen Blockadepunkten, ohne jedoch gleich einzuschreiten. Erst als einzelne Gruppen zu Fuß daran gehindert wurden, zum Kongressgebäude zu gelangen, kam es zu kleineren Rangeleien mit der Polizei, die sich aber ansonsten zurück hielt.

Als Geert Wilders und Marie Le Pen letztlich doch noch über Schleichwege zum Hotel geleitet werden konnten, begann der Kongress um 17 Uhr mit einer Stunde Zeitverzögerung. Anschließend vereinigten sich die Demonstrationen wieder vor dem Hotel, wo mit lauter Musik der Erfolg gefeiert und den Rechtspopulisten gezeigt wurde, dass sie nirgends Willkommen sind. Auch die Initiative „Ne Rasismu!“ zog im Nachgang ein positives Fazit: „Die Proteste waren für uns ein erster Erfolg im Kampf gegen den europäischen Rechtsruck. Wir freuen uns, dass so viele Menschen an den Protesten gestern und heute teilgenommen haben. Die Blockaden konnten den Kongress zwar nicht verhindern, waren aber selbstorganisiert und haben zu erheblichen Verzögerungen geführt. Jetzt heißt es weitermachen und das nächste Mal noch mehr Menschen zu mobilisieren – der Anfang ist gemacht“, so eine Sprecherin. Im Anschluss an die Proteste am späten Samstagnachmittag lud das akut räumungsbedrohte soziale Zentrum „Klinika“ zum geselligen Beisammensein ein. Viele Aktivistinnen und Aktivisten nutzten noch einmal die Gelegenheit um zusammenzukommen und sich über die Geschehnisse und Aktionen der letzten Tage auszutauschen.

Boxnacht Bautzen: Nazis vor und hinter den Kulissen

$
0
0

Gastartikel des Antifa Recherche Team (ART) Dresden

Am 18. November 2017 lud der SV Post Germania Bautzen zur vierten Boxnacht in die städtische Schützenplatzhalle in Bautzen ein. Etwa 800 Zuschauer*innen verfolgten die Veranstaltung. Das Problem: Im Mittelpunkt des Boxabends standen bekannte Nazis – als Kämpfer, Veranstalter und Sponsoren.

Frederic Pöthig: Im Dienste des Finanzministeriums

Einer der prominentesten Kämpfer der für den SV Post Germania Bautzen im Ring stand, war Frederic „Freddy“ Pöthig. Seit mehreren Jahren ist der 25-Jährige nicht nur im Amateurboxen, sondern auch in der Bautzner Naziszene aktiv, gehört zum Umfeld der Gruppierung „StreamBZ“ und der rechten Fangruppierung „SGD Supporters Bautzen“.

Pöthig bewegt sich vor allem im Umfeld der Kameradschaftsszene, und dass schon seit Jahren. Am 1. Mai 2009 reihte sich Pöthig hinter einem Transparent der „Freien Nationalisten Dresden / Osterzgebirge“ ein, auf dem gefordert wurde: „Zukunft und Heimat schützen – Gegen Globalisierung und Kapitalismus“. Am 23. August 2014 nahm er an einer von der damaligen NPD-Stadträtin Daniela Stamm angemeldeten Demonstration teil, die sich „gegen Asylanten-Unwesen in Bautzen“ richtet. Hier lief Pöthig im Block der „Freien Kräfte Bautzen“, auf deren Transparent die Losung prangte „Heimat und Kultur bewahren – Gegen das Asylverfahren“.

Naziaufmarsch am 01. Mai 2009 in Freiberg, die zweite Person von rechts am Transparent: Frederic Pöthig

Der Kampfsportler scheint dem Boxen nicht nur im Ring nachzugehen. Am 11. Juni 2016 posierten er und andere Hooligans aus dem Umfeld der SG Dynamo Dresden vor dem Hauptbahnhof in Lille zur Fußballeuropameisterschaft mit einer Reichskriegsflagge. Eine Person aus der Gruppe zeigte den Hitlergruß. Der Bahnhofsvorplatz war damals Treffpunkt deutscher Fans, die passend zur Flagge „Wir sind wieder einmarschiert“ grölten und im Verlauf des Abends ukrainische Fans mit Schlägen und Tritten attackierten, sowie ein Café demolierten.

Nazis bei der Fußballeuropameisterschaft in Lille (Frankreich) 2016. Links im Bild: Frederic Pöthig

Brisant an Pöthig: Der überzeugte Nazi hat eine Beamtenlaufbahn eingeschlagen. Er absolvierte sein Studium an der Verwaltungsfachhochschule in Meißen im Bereich Staatsfinanzverwaltung bzw. Steuerverwaltung. Anschließend wechselte er zum Finanzamt Hoyerswerda. Ein Bericht der Lausitzer Rundschau thematisiert seine Arbeit Anfang 2015, bei der er Schulklassen besucht, um Schüler*innen einen Schnellkurs in Sachen Steuern zu geben. Mittlerweile hat Pöthig bereits die nächste Karrierestufe erklommen und arbeitet im Sächsischen Ministerium der Finanzen im Dresdner Regierungsviertel (Anm. d. Red. Mittlerweile wurde nach Recherchen der Sächsischen Zeitung ein Beamter aus dem Ministerium abgezogen, die Vermutung liegt nah, dass es sich dabei um Frederic Pöthig gehandelt hat.).

Kein Einzelfall: Kämpfer mit rechter Gesinnung

Pöthig war aber kein Einzelfall auf der Boxnacht. Mit Johannes Schönfelder ist ein weiterer Bautzner Kämpfer auf dem Lille-Foto von 2016 zu erkennen. Der Bautzner Nazi war außerdem gemeinsam mit Florian Otto am Angriff auf eine DGB-Kundgebung am 1. Mai 2015 in Weimar beteiligt. Damals stürmten 40 Nazis die Kundgebung und verletzten mindestens einen Gewerkschafter.

Naziangriff auf eine DGB-Kundgebung am 01. Mai 2015 in Weimar. Mit dabei: Johannes Schönfelder (1) und Florian Otto (2). Screenshot: MDR

Facebookprofil von Danny WölferAuch Danny Wölfer war bei der Boxnacht angetreten. Dessen Facebookprofil ist mit einschlägigen Bildern geschmückt, seine Gesinnung versteckt der Boxer nicht. Ein selbstbearbeitetes Foto zeigt ihn beim Schattenboxen, er trägt einen Pullover mit der Aufschrift „Helmpflicht“ und dem Foto einer Wehrmachtsmarschformation. Dazu ist der Schriftzug ergänzt worden: „Better dead than red“. Auch Wölfers Titelbild ist eindeutig: Es zeigt eine Gruppe bewaffneter Männer und den Schriftzug „Antifas gibts in jeder Stadt, bildet Banden, macht sie platt.“

Und auch der auf dem Boxnacht-Plakat angekündigte Maximilian Mahr ist kein unbeschriebenes Blatt. Er beteiligte sich, wie auch eine Reihe weiterer Mitglieder der Post Germania Boxabteilung, am 23. August 2014 an der rassistischen Demonstration gegen Asylunterkünfte in Bautzen. Wie Frederic Pöthig lief er im Block der „Freien Kräfte Bautzen“.

Naziaufmarsch am 23. August 2014 in Bautzen. Maximilian Mahr (1) und Frederic Pöthig (2)

Die Veranstalter*innen

Diese Häufung von Nazis beim SV Post Germania Bautzen ist auffällig. Und sie setzt sich im Betreuer- und Trainerstab fort. Mit Frank Wölfer und Andreas Beuchelt hat der Verein gleich zwei Trainer, die zum Umfeld der Bautzner Nazigruppierung „Sturm 24“ gerechnet werden müssen. Der „Sturm 24“ war in den 2000ern in Bestrebungen eingebunden, dass „Blood & Honour“-Netzwerk nach dessen Verbot 2000 wieder neuzubeleben.

So wurde der „Sturm 24“-Anführer Martin Scholz 2006 wegen der Verwendung von verbotenen Symbolen von „Blood & Honour“ zu einer 10-monatigen Bewährungsstrafe verurteilt. Deutlich wurde damals, dass die Bautzner Nazigruppierung, die regelmäßig auf Demonstrationen unter ihrem Namen auftrat, in die Organisation von Nazi-Konzerten involviert war.

Auffällig war auch die Security bei der Boxnacht: Mit Robin und Felix Beck waren Personen aus dem „SGD Supporters Bautzen“-Umfeld für die Absicherung der Veranstaltung zuständig. Beide posieren ebenfalls auf dem Lille-Bild von 2016 – einer der Brüder zeigt dort den Hitlergruß.

Nordland: Mehr als nur Klamottenhandel

Auch beim Sponsoring scheint der SV Post Germania Bautzen auf die Netzwerke aus den Zeiten von Sturm 24 zurückzugreifen. Das erklärt zumindest, dass seit der dritten Boxnacht das Ladengeschäft „Nordland“ als Sponsor auftrat. Der Inhaber des Ladens, Markus Rose, gehörte ebenfalls zum „Sturm 24“-Umfeld. Er war Sänger der NS-Blackmetal-Band „Asatru“, die 2004 und 2008 Alben beim Chemnitzer Nazi-Label „PC-Records“ veröffentlichte. Die Texte der Band sind deutlich, offen besingt Rose seine völkisch-rassistische Ideologie. Im Song „Rettet das Blut“ heißt es beispielsweise:

„Einst geprägt, dass Deutsche Volk,
von der nordisch germanischen Rasse.
Doch schau ich jetzt in viele Augen,
verliert sich diese in der Masse.
Fast ausgerottet und am Boden,
seh ich diese Urgestalt.
Unterwandert von fremden Kulturen,
doch den Deutschen lässt das kalt.“

Refrain:
„Rettet das Volk.
Rettet die Nation.
Rettet unser Blut,
der Sieg ist unser Lohn.“

Roses Aktivitäten erschöpfen sich jedoch nicht mit dem Bandprojekt, regelmäßig nahm er an Demonstrationen teil, sei es am Rudolf-Hess-Marsch 2005 in Berlin oder im August 2014 bei der bereits erwähnten Anti-Asyl-Demonstration in Bautzen. Mit seinem Ladengeschäft profitiert er von der Verbreitung völkisch-rassistischer Ideologie – er lebt vom Hass, den er selbst befeuert. Rose vertreibt die einschlägigen Marken Yakuza, ThorSteinar, Label 23 und Brachial, eine Marke, die lange Zeit ausschließlich im Laden des NSU-Unterstützers und der BfV-V-Person Ralf Marschner zu erwerben war. Nur logisch ist der Schluss, dass hinter dem Sponsoring der Boxnacht oder dem jüngsten Engagement Roses als Trikotsponsor beim Fußballclub SV Bautzen nicht nur Geschäftsinteressen stehen, sondern genauso der Versuch, im „vorpolitischen“ Raum eine völkische Hegemonie zu entfalten – ganz im Sinne von „Blood & Honour“.

Fragwürdige Sponsoren

Henning Stapel (rechts)Dass diese Arbeit weit vorangeschritten ist, zeigt auch der Blick auf einige der anderen Sponsoren. Zum einen ist da das Tattoo-Studio Dobermann, das von Henning Stapel betrieben wird. Der ist gleichzeitig Teil der „Aryan Brotherhood Eastside 125“ und fungiert dort als „President“. Die Nazirocker tauchten 2016 auch im Umfeld des Kornmarkts auf und sollen sich an rassistischen Stadtpatrouillen beteiligt haben.

Zu nennen ist auch der Tattooladen „El-Loco“, wo in steter Regelmäßigkeit neben Comicfiguren, Dynamo-Logos und DDR-Nostalgie-Motiven auch Wehrmachtsverherrlichung, Rommel-Porträts und Szenen germanischer Mythologie gestochen werden.

Und dann wäre da noch Yakuza Premium, ein Spaltprodukt der weitgehend unhinterfragten Bautzner Marke Yakuza Inc.. Beide Marken schaffen mit martialischem Design und „Outlaw“-Image den Brückenschlag zwischen rechter Szene und Mainstream. Und zumindest Yakuza Inc. hat damit einem nicht unerheblichen rechten Vertriebsnetzwerk (siehe Nordland Wilthen, siehe The Store Pirna) ein sicheres Standbein verschafft hat.

Das große Wegsehen

Seit Jahren sorgt Bautzen mit Schlagzeilen über rechte Übergriffe, Anschläge und Demonstrationen für Aufsehen. Spätestens mit dem Brandanschlag auf den Husarenhof im Frühjahr 2016 ist Bautzen in den bundesdeutschen Fokus gerückt, als eine geplante Flüchtlingsunterkunft in Brand gesteckt wurde und Schaulustige jubelten. Bis heute konnten keine Täter ermittelt werden. Es folgten massive Angriffe und Hetzjagden auf Geflüchtete, so im September 2016 und zuletzt im Juli 2017.

Die Antworten von offizieller Seite in Bautzen waren oftmals verherrend. Erinnert sei an einen, nunmehr ehemaligen, Polizeichef Uwe Kilz, der von „eventbetonten Jugendlichen“ fabulierte, als es darum ging, eine Hetzjagd von 100 Nazis auf der Bautzner Platte zu beschreiben. Da ist der Bürgermeister Alexander Ahrens, der sich 2016 mit den zentralen Akteuren der Bautzner Neonaziszene an einen Tisch setzt und sich von Gegenprotesten distanzierte und 2017 einem zum Problem gestempelten Geflüchteten Stadtverbot erteilte. Da ist Landrat Michael Harig, der ebenfalls lieber das Gespräch mit den Nazis suchte und jugendlichen Geflüchteten Hausarrest erteilte und ein Vizelandrat der – es scheint der übliche Weg in Bautzen – sich mit einem Nazi nicht nur einmal an einen Tisch setzt, sondern vertraute Chatgespräche führt und über die Zukunft Geflüchteter in Bautzen verhandelt.

Allesamt Gründe, die Auseinandersetzung mit der Bautzner Naziszene nicht den Behörden zu überlassen, sondern selbst genau hinzusehen!

An Heiligabend: Rechte Ziele in Dresden markiert

$
0
0

Nachdem bereits Mitte Dezember an der TU Dresden mehrere Anhängerinnen und Anhänger des hiesigen Ablegers der Identitären Bewegung (IB) geoutet worden waren, haben Unbekannte am 24. Dezember der Burschenschaft Salamandria im Dresdner Stadtteil Plauen, dem neurechten Magazin Blaue Narzisse und einem führenden Protagonisten der IB einen Besuch abgestattet. Wie einem auf dem linken Nachrichtenportal Indymedia veröffentlichten Artikel zu entnehmen war, wurden dabei nicht nur die Briefkästen mit Bauschaum gefüllt, sondern gleichzeitig mit Schablonen die Aufschrift „Rassisten aus der Deckung holen“ angebracht.

Begründet wurden die Attacken mit dem „erheblichen Anteil“ der ausgesuchten Ziele an der rassistischen Atmosphäre in der sächsischen Landeshauptstadt. So war beispielsweise der vor knapp zwei Jahren eröffnete Treffpunkt der Burschenschaft in der Vergangenheit Ausgangsort von Aktionen durch Mitglieder der vom Verfassungsschutz beobachteten IB. Neben dem Burschenschaftshaus traf es in der Franklinstraße unweit des Uni-Campus am gleichen Abend auch ein Gebäude mit Büroräumen des von Felix Menzel herausgegebenen Magazins Blauen Narzisse. Erst zu Monatsbeginn war von einer Gruppe von Aktivistinnen und Aktivisten die Eingangstür zum Dresdner Büro von „EinProzent“ symbolisch zugemauert worden.


Integrationsprojekt in Meißen attackiert

$
0
0

In Meißen wurde erneut ein Integrationsprojekt des Vereins „Buntes Meißen“ beschädigt. Nach Angaben des Vereins wurde über die Weihnachtsfeiertage das Eingangstor ebenso wie Teile des anschließenden Zaunes auf dem Gelände des Internationalen Gartens im Stadtteil Bohnitzsch beschädigt. Über Silvester haben schließlich Unbekannte mehrere Holzplatten, die zur Wintersicherung eines Gebäudes angebracht waren, demontiert und abtransportiert. Es entstand ein Sachschaden von mindestens 1.000 Euro.

„Die Täter“, so ein Vorstand des Vereins, „haben dem Internationalen Garten bewusst schaden wollen. Es wurden nicht nur Sachwerte zerstört, welche nicht durch öffentliche Förderung sondern durch Spenden geschaffen wurden, auch die ehrenamtliche und hauptamtliche Arbeit, welche in den Aufbau des Zaunes und die Sicherung des Gebäudes gesteckt wurde, war damit vergebens.“ Zugleich kündigte er an, sich von den Vorfällen nicht einschüchtern zu lassen: „Sie zeigen nur einmal mehr, wie wichtig unsere gesellschaftliche Aufgabe ist und dass es noch viel zu tun gibt.“

Bereits in der Vergangenheit war es immer wieder zu Sachbeschädigungen gegen den Verein gekommen. Der Wahlkreis des deutschen Innenministers Thomas de Maizière (CDU) gilt nicht nur als Sachsens Hochburg der so genannten Reichsbürgerbewegung, sondern sorgte im Juni 2015 bundesweit für Schlagzeilen, als ein für Asylsuchende vorgesehenes Gebäude Ziel eines rechten Brandanschlags wurde. Zwei der Täter waren im Jahr darauf zu mehrjährigen Gefängnisstrafen verurteilt worden.

Wie nah kam Sachsens Geheimdienst dem NSU schon 2006?

$
0
0

Der NSU-Prozess steht vor dem Abschluss. Doch viele Fragen sind ungeklärt. So rätseln Hinterbliebene, ob das Trio Kontakt zu Geheimdiensten hatte. Was wollte Beate Zschäpe auf der Flucht bei V-Mann Ralf Marschner? Und was schürte jene scheinbare Paranoia, der Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe kurz vor dem flammenden Finale anheimfielen?

Quelle: Freie Presse (03.01.2018)

Viewing all 970 articles
Browse latest View live